Greenwashing statt Whitewashing?

Von Peter Littmann

Das Image des Mittelalters ist sub-optimal: dreckig, pestgeplagt und von einem Klerus gepeinigt, der nichts lieber tat, als Hexen zu verbrennen. Doch in einem Aspekt war die Kirche damals ganz vorne: Ablasshandel! Das Prinzip ist simpel. Glaubensbrüder konnten Zertifikate erwerben, die ihnen ihre Sünden erließen. Das war nicht ganz billig, aber praktisch. Gute Werke zu tun war halt immer schon anstrengend, wie viel schneller ist da der Geldbeutel gezückt!


Wie stilbildend dies Vorgehen war, beweist der Trend zur Corporate Social Responsibility, kurz CSR. Das ist ein "Tue Gutes und rede darüber"-Prinzip für Firmen, das ähnliche Zwecke erfüllt: je grüner, desto besser.

Im Wesentlichen funktioniert Greenwashing so: Der Vorstandsvorsitzende spricht nachhaltig von Klimawandel, dem Firmenlogo wird eine strahlende Sonne verpasst und die Unternehmenskommunikation um ein paar knackige Sprüche ergänzt. Der hübsch verpackte Corporate-Social-Responsability-Report betont, wie verantwortlich sich die Organisation gegenüber der Gesellschaft fühlt und wie sehr sie daher versucht, die Umwelt zu schützen, ethische Geschäftspraktiken zu fördern und natürlich auch das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter. Dann folgt eine detaillierte Liste der für die saubere Zukunft geplanten Investitionen und die genaue Zahl der jetzt schon abgeschraubten Glühbirnen.

Für Kritiker sind solche Einlassungen geradezu die Einladung zu verkünden, dass CSR-Programme in vielen Konzernen nur dazu dienten, das Publikum vom ethisch fragwürdigen Kerngeschäft abzulenken. Aber ist die Kritik solcher Moralapostel auch tatsächlich fair? Immerhin investiert BP 500 Millionen Dollar in ein Forschungslabor, dass bessere und sauberere Treibstoffe finden soll. Coca-Cola hat - herausgefordert von Greenpeace - gerade 40 Millionen Dollar in die Entwicklung von energieeffizienten Getränkeautomaten versenkt.

Greenwashing als Reinkarnation des Whitewashing? General Electric ist da ganz vorne: "Von 2004 bis 2006 haben wir die Treibgasemissionen um vier Prozent gesenkt, obwohl der Umsatz von GE um 21 Prozent wuchs", sagt die dort für Umwelt zuständige Lorraine Boisinger. Und BP geriert sich in seinen Werbekampagnen förmlich als Retter des Weltklimas. Im Internet unter www.bp.com stehen "Environment und Society" noch vor "Products and Services". Doch der Fluch der guten Tat lässt nie lange auf sich warten: Biofusel macht Lebensmittel in der dritten Welt unbezahlbar, und Coca-Cola kassiert ätzende Kommentare, weil einige der 8 000 neuen grün angestrichenen Getränkekühler zur Olympiade auch bei den möncheprügelnden Kommunisten herumstehen sollen.

Am Ende gilt auch für CSR: Wer das nicht richtig machen kann, weil er nur die Oberfläche berührt und keine Inhalte verändert, sollte es lieber bleiben lassen. Gefragt sind professionelle Konzepte und ehrlicher Auftritt. Insbesondere das Management sollte glaubwürdig sein, sonst geht es wie bei Siemens, wo für 100 Millionen Euro mit der größten Werbekampagne der Firmengeschichte eher Kontraproduktives erreicht wird.

Authentisch sind am Ende nur Initiativen, wenn sie umfassend, substanziell, genau und vor allem wahr sind und dem auf Halbwahrheiten allergisch reagierenden Publikum nichts vormachen. Auch die schönste Kampagne wird aus einem Konzern keine Heilsarmee machen, sie soll es auch nicht versuchen. Bemühungen von General Electric und BP, für die Jahre nach dem Erdöl vorzusorgen, sind daher bei aller Skepsis überzeugender als die PR-Idee von Saab, für jedes verkaufte Auto ein paar Bäume setzen zu lassen.

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