Auch B2B-Anbieter müssen ihre Marke pflegen
Accenture? Das ist doch diese Unternehmensberatung, die mit dem Supergolfer Tiger Woods wirbt, der so schön lachen kann? Richtig. Accenture packt werbetechnisch den Tiger in den Tank und Anzeigen in die Publikumspresse - und das, obwohl das Unternehmen mit individuellen Endverbrauchern rein gar nichts zu tun hat. Ebenso IBM. Seitdem die Computersparte nach China verkauft ist, kann der Privatmensch von Big Blue nichts mehr kaufen, und doch wird das geneigte Publikum breit und teuer mit Werbung beschallt. Zurzeit heißt der Slogan in Deutschland "Weniger reden. Machen." IBM selber dreht ihn um und redet mehr. Vor allem über sich selber.
Auch bei Thyssen-Krupp wird Otto Normalverbraucher nicht unbedingt was finden für sein Geld, es sei denn, er braucht Stahl, um sich einen Wolkenkratzer in den Vorgarten zu stellen oder ein großes Minensystem, um in der Waschküche nach Erz zu graben. Dennoch hat das Unternehmen gerade eine große Imagekampagne mit drei Werbespots und diversen Printmotiven gestartet, die einzelne Mitarbeiter und ihre Verdienste feiern.
Alle diese Unternehmen machen ausschließlich mit anderen Unternehmen Geschäfte, und doch pflegen sie ihre Marke, als würden sie Deos, Fernsehgeräte oder Müsliriegel an Endverbraucher verticken. Viele erinnert das an den Comicstrip mit den Rittern, die mit Säcken voller Münzen nach einem schlafenden Drachen werfen, der den Schatz bewacht, sich aber nicht weiter stören lässt. Daneben steht der König und fragt den Chef-Ritter: "Hat es denn schon mal geholfen, mit Geld nach einem Problem zu werfen?" Die Frage ist auch in diesem Fall nicht unberechtigt: Wieso muss ein reiner B2B-Anbieter auftreten wie ein Markenartikler? Will da bloß ein durchgeknallter Vorstand genauso bekannt werden wie seine Kollegen, die sexy Unterhaltungselektronik oder begehrenswerte Autos an den Mann bringen?
Das mag schon sein, aber John Quelch, Marketingprofessor an der Harvard Business School, hat drei überzeugendere Argumente, warum Werbung auch für endverbraucherferne Unternehmen nicht unbedingt eine dumme Investition ist. Er sagt: Erstens können die meisten B2B-Unternehmen ihre oft zahlreichen Kundenunternehmen nicht dauerhaft persönlich ansprechen. Es ist billiger, Werbung zu machen, als allen einen Vertriebsmitarbeiter ins Haus zu schicken.
Zweitens: Wenn im Unternehmen keiner die Führung in Sachen Marketing übernimmt, fängt an jeder Produktecke und in jeder Landesniederlassung ein individueller Manager an, sein eigenes Süppchen zu kochen. Das Ergebnis ist in der Regel ein Eintopf aus Verpackungsmaterialien, Briefpapier, Kennzeichen und diversen Web-Sites, der das Unternehmen unorganisiert aussehen und auf strategische Defizite schließen lässt.
Drittens haben viele B2B-Marketingmanager erkannt, dass es dienlich sein kann, für die Kunden ihrer Kunden ein Markenprofil zu entwickeln, weil das Qualitätsversprechen der Marken beim Abwehren der No-Name-Konkurrenz hilft, die aggressiv auf billigere Preise setzt. Diese Botschaft hat BASF mit der Kampagne "Unsichtbarer Beitrag. Sichtbarer Erfolg" unschlagbar in Worte gepackt.
Der Chemiegigant Du Pont war mit der erste Konzerne, der sicherstellte, dass nicht nur jede Hausfrau begreift, dass Nylon und Lycra Produkte des Hauses sind, sondern dass auch Investoren die dahintersteckende Innovationskraft wahrnehmen. Gore-Tex und Teflon sind ähnlich bekannte Beispiele. Den Hausfrauenfaktor auf die Spitze getrieben hat allerdings Intel, deren "Inside"-Kampagne für die aktive Nachfrage der Verbraucher nach PCs und Laptops sorgte, die den entsprechenden Computerchips im Bauch haben.
Das Fazit lautet: Eine gut gepflegte Marke hilft auch techniklastigen, endverbraucherfernen Herstellern, sich gegen Krisenfälle oder Billigheimer zu verteidigen. Sie erlaubt Stake- genauso wie Shareholdern, sich mit der Firma besser und leichter zu identifizieren, und schützt so das Unternehmen letzten Endes vor vielen Berufsrisiken. Ein markenwilliges B2B-Unternehmen braucht also einen Anführer, der das Thema Marke begreift und Spaß daran findet, die Firmengeschichte unters Volk zu bringen wie ein Märchenonkel. IBM hin oder her, die Devise muss also heißen: Mehr machen! Mehr reden!