Mini-Zeitung statt aufgemotzte Preisliste

Von Peter Littmann

Alle tun es. Die Medien sowieso, auch Unternehmen wie Schenker, die Lufthansa oder die Kölner Messe. Nahezu jeder Anlageberater ist dabei, aber auch die Hochschulrektorenkonferenz, das Goethe Institut und die Jugendbibliothekarinnen. Sie alle versenden einen Online-Newsletter. Es hat sich herumgesprochen, dass man am besten da angelt, wo viele Fische sind, und das beste Riff in Sachen Kunden, Klienten und Konsumenten ist nun mal das Internet.

Die Migration der Schwärme ist gewaltig: Internet-Marketing ist angesagter denn je und dann am schönsten, wenn die Empfänger die Botschaft auch noch freiwillig in ihre Briefkästen einladen. Newsletter werden nämlich auch Permissions-Marketing genannt, denn solange sie nicht aktiv protestieren, haben sich die Empfänger mit dem Erhalt der Postille einverstanden erklärt.

In der Folge schwappt jeden Tag ein Tsunami aus Infobriefen in Deutschlands Mailboxen. Wie viel E-Newsletter genau die Server verstopfen, ist schwer einzuschätzen, doch mehrere Millionen virtuelle Sendungen scheinen plausibel.

Das ist spannend. Einerseits nutzen laut Statistischem Bundesamt 70 Prozent der Einwohner Deutschlands über zehn Jahre das Internet, andererseits kann laut Pisa-Umfrage jeder fünfte Fünfzehnjährige so schlecht lesen, dass er an der Grenze zum Analphabetismus vorbeischrappt. Offenbar können die Leute nur in der Schule ihren "Faust" schlecht entziffern, sobald sie ein wenig älter sind, stellen Texte im Internet allem Anschein nach kein Problem mehr dar. Oder aber bestellen Leute im Internet Dutzende an Newsletter, die sie dann nicht lesen können? Ähnlich, wie sie im Laden Bücher kaufen, die sie danach nicht lesen?

Wichtiger noch ist jedoch die Frage, wollen sie die auch lesen? Was sie da einst orderten, ist ihrer Vorstellung nach ein Mischmasch aus Branchenneuigkeiten, News über den Absender, Berichte über neue Produkte und verbesserte Services, sie wollen Veranstaltungshinweise, Tipps, Problemlösungsvorschläge und Checklisten.

Was jedoch stattdessen häufig auf ihrem Monitor landet, erinnert peinlich an Wurfsendungen, die mehr mit vordergründigem Direktmarketing zu tun haben als mit einem Newsletter, der im Idealfall ja eine Mini-Zeitung darstellt - und nicht eine aufgemotzte Preisliste.

Aus Sicht der Versender liegen die Vorteile der E-Newsletter auf der Hand: Aktuell und relativ preiswert kann so jedermann mit einem spezifischen Kreis von Interessierten kommunizieren. Die Adressaten fühlen sich gut betreut, im Idealfall entsteht gar eine Community.

Aus Sicht der Empfänger ergibt die Lektüre eines Newsletters jedoch nur Sinn, wenn sie darin nicht nur Zeug vorfinden, das sie normalerweise augenblicklich in den Spam-Ordner packen. Allzu viele Versender banaler Botschaften ruhen sich jedoch darauf aus, dass die Leute zu faul sind, nach dem in der Regel gut versteckten Button zum Abbestellen zu suchen.

Dürfen wir daher an dieser Stelle mal ans Lehrbuch erinnern? Das Ziel jeder Marketing-Initiative sind messbare Ergebnisse. Nur eine klare Markenbotschaft und ein ordentlicher Auftritt produzieren qualitätsvolle Interaktion mit dem Kunden und am Ende auch Vertriebsergebnisse. Das ist leider mit Arbeit verbunden - und gilt auch für Newsletter: Sie erfordern ein klares Konzept und ein professionelles Herangehen. Im Idealfall reißen sie Themen an, die dann auf der Webseite vertieft abgehandelt werden. So schafft man Klicks für die Homepage und bindet das Publikum. Auf der eigenen Site lassen sich dann übrigens auch Nutzerdaten erheben, und mit den Erkenntnissen daraus kann ein intelligenter Mensch wiederum seine Newsletter verbessern. Denn auch hier gilt: Nicht mal Fische fressen jeden Mist.

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