Aus "grrrreen" wird schnell "grrrantig!"

Von Peter Littmann

Grrrreen!" wirbt die Automarke Saab in Australien und Neuseeland und behauptet "jeder Saab ist grün". Laut Kernbotschaft können Saab-Besitzer mit gutem Gewissen herumfahren, weil der Hersteller schon dafür sorge, dass der Kauf eines Wagens Klimagas-neutral sei. Er lasse nämlich pro verkauftem Auto 17 Bäume pflanzen.


Merkwürdigerweise kriegt der Käufer zugleich einen Benzingutschein im Wert von 3 000 Aussie-Dollar. So einen Schmonzes kann man nur Leuten im abgelegenen Süd-Pazific verkaufen! Anderswo lässt die GM-Tochter schön die Finger von solchen Verrenkungen.

Marketingleute bewerten Toyota unter allen Auto-Marken als diejenige, der es am besten gelinge, mit grünen Initiativen den Markenwert zu steigern. Ein Blick auf die Verkaufszahlen der Wagen mit Hybridantrieb macht klar, was gemeint ist. Auch in Sachen effektive Vermittlung der Markenbotschaft, Differenzierung und Glaubwürdigkeit bekommt Toyota gute Noten. Umweltschutz-Experten sagen, der tatsächlich nachhaltigste Autohersteller sei Honda - wenn man sich beides angucke, interne Prozesse und die Produkte. Merke: Eine Marke ist exakt so grün, wie der Konsument sie wahrnimmt.

In der Werbung jedenfalls ist Grün das neue Schwarz, soll heißen: Irgendwie reden gerade alle von Klima, Emissionswerten und ihren Meister-Proper-Initiativen. Auf Konsumentenseite reden auch alle - mehr aber auch nicht.

Denn; Nachhaltige Produkte beim Schnack am Stammtisch löblich finden und sie wirklich kaufen, ist nämlich offenbar zweierlei. So zumindest haben wir es beim angeblich zu teuer geratenen Drei-Liter-Lupo erlebt und etwas ähnliches legt auch der aktuelle Climate Confidence Index der internationalen Bank HSBC nahe.

Sie befragte 9 000 Leute auf vier Kontinenten und stellte fest, dass in China, Indien, Mexico und Brasilien 60 Prozent angaben, der Klimawandel mache ihnen Sorgen, während das in Deutschland nur 26 Prozent sagten und in England 22 Prozent. Bereitwilligkeit, etwas zu unternehmen, um die Atmosphäre zu schützen, signalisierten knapp jeder zweite Inder und Brasilianer, aber nicht mal jeder fünfte Europäer.

Im reichen Westen, wo die meisten grünen Werbekampagnen laufen, sind die Verbraucher am gelassensten in Sachen Erderwärmung. Hier ist es ja auch dauernd kalt, und die Nordeuropäer scheinen zu denken: Drei Grad mehr sind klasse, stell den Liegestuhl auf dieTerrasse und das Bier in den Kühlschrank!

Unternehmen haben alle ein Ziel: Produkte zu verkaufen, die der Konsument haben will. Wenn jetzt aber tatsächlich viele Herrschaften im Westen gar nicht an nachhaltigen Produkten interessiert sind, warum dann all die Mühe mit einer grünen Agenda? Robin Rusch von Brand Wizard vermutet, dass der Zynismus in den Industriegesellschaften inzwischen so weit verbreitet ist, dass die meisten Kunden glauben, die grünen Kampagnen der Unternehmen würden vor allem die Absatzzahlen und nicht die Umwelt schützen. Und oft genug haben sie damit ja auch recht.

Ruschs Einwand jedoch restauriert den Glauben an die Menschheit: Bewohner westlicher Nationen sind also gar nicht per se weniger interessiert am Umweltschutz als die Bürger der Entwicklungsländer. Viele von uns glauben nur nicht mehr daran, dass ausgerechnet die Industrie ein guter Wächter der Gesundheit des Planeten ist.

Damit wären wir wieder bei einem unserer Lieblingsthemen in Sachen Marketing: Glaubwürdigkeit. Der grün angestrichene Saab sieht da weniger gut aus als Toyota, wo schon seit Jahren an effizienten Transportmitteln gebastelt wird. Zumal die Leute wissen, dass die Saabs vergleichsweise viel Sprit brauchen und deutlich schlechtere Emissionswerte ausweisen. Da wird aus "grrrreen" schnell "grrrantig!"

Beeindruckender ist das schon eine Initiative aus England, wo die ersten Konsumartikler neuerdings auf die Verpackung drucken, wie viel CO2 bei der Herstellung eines Produkts entstanden ist. Die Pepsico-Tochter Walkers Chips macht mit, ebenso die Drogeriekette Boots. Supermarkt-Riese Tesco hat angekündigt, künftig alle 70 000 Produkte in seinen Regalen mit dieser Information auszuzeichnen. Andere werden wohl schnell folgen. Dann können wir künftig nicht nur sehen, was wie viel Dreck macht, sondern auch, wie grün wir wirklich sind, wir reichen Wessis.

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