Online-Dating für Fortgeschrittene

Von Peter Littmann

Einsam ist der Mensch nicht gern alleine. Wenn wir im Geiste die Partnerschaften in unserem Bekanntenkreis durchgehen, sehen wir zwar kaum beneidenswertes Glück, dennoch sehnen wir uns alle nach ihr: der großen Liebe. Früher wurde diese Angelegenheit pragmatisch gelöst. Eltern suchten für ihre Sprösslinge einen Ehepartner. Kenner behaupten, arrangierte Ehen seien auch nicht unglücklicher als Liebesheiraten, deswegen seien sie in vielen Ländern immer noch üblich. Dass sie glücklicher wären, ist allerdings genauso wenig bewiesen, und daher vertraut der größere Teil der Menschheit inzwischen auf die sozialen Netzwerke im Internet.


Obwohl es in Deutschland nur rund elf Millionen Singles gibt, sind schon 15 Millionen Deutsche bei Online-Dating-Portalen registriert. Die Überbuchung macht vier Millionen, und was diese Nicht-Singles auf den Single-Seiten treiben, rief inzwischen Anbieter wie Singleboersen-vergleich.de auf den Plan, die erklären, wo die Fallen liegen. Ganz offenbar halten es abenteuerlustige Männer nach dem Motto: "Ich bin ein gefühlter Single!" nicht so sehr mit der Wahrheit, und körperbetont auftretende Damen sind professionell auf der Suche nach Kundschaft.

Interessanter finden wir das Geschäftsmodell hinter dem Angebot, denn die einfache Mitgliedschaft ist bei vielen Bussi-Bussi-Seiten zunächst einmal kostenlos. Die Herzensbrecher in spe füllen lange Fragebögen mit persönlicher Information aus. Lange war es üblich, die Internetadressen an Werbetreibende zu verkaufen. Seitdem Spam schärfer geahndet wird, ist das seltener geworden. Dennoch behaupten themenbezogene Blogs, die Partnerschaftsseiten würden ihre Daten an Werbetreibende verkaufen.

Vielen ist das zu doof, und schließlich gibt es auch sonst genug soziale Netzwerke: Friendster.com findet die Jugendliebe wieder, auf Xanga.com gibt es Diskussionsseiten zu jedem Thema von Affe bis Zentralfriedhof und auf Facebook trifft sich Hinz und Kunz. Im Juli 2007 soll letztere Seite bereits 30 Millionen registrierte Nutzer haben und über 40 Milliarden Seitenaufrufe. Das ist so viel, dass Myspace-Besitzer Rupert Murdoch unlängst jammerte, die jungen Leute, die aus den klassischen Medien abwandern, würden neuerdings bei Facebook statt in seinen Armen landen.

Doch bevor wir jetzt wegen Ruperts Kummer in Tränen ausbrechen: Mit 200 Millionen Nutzern ist Myspace immer noch die beliebteste Netzwerkseite, die zudem für zehn Prozent aller Online-Werbung verantwortlich zeichnet. Dabei erlaubt die Plattform weder Pop-ups noch Spyware. Die Werbung dort muss folglich aussehen wie Inhalt. Also rettet beispielsweise in einem Weblog ein Avatar nach dem Genuss von Coca-Cola diverse Omas vor Handtaschenräubern. Die Konkurrenz stellt ein Filmchen dagegen, in dem ein Knirps am Automaten zwei Coca-Cola-Dosen zieht, sie auf die Erde stellt und als Steighilfe benutzt, um endlich an den für seine Körpergröße zu weit oben angebrachten Knopf zu kommen, mit dem sich eine Pepsi ziehen lässt.

Dagegen klingt es regelrecht popelig, dass sich Facebook bislang mit herkömmlicher Onlinewerbung finanzierte. Doch unlängst kündigte das Management an, die Seite für Drittanbieter zu öffnen. Dadurch wird sie zum Portal, von dem aus sich mittlerweile auch über 1 000 Fremdanwendungen nutzen lassen, also E-Mail-, Musik- oder Fotoseiten. Dank dieser Offenheit ist die Seite auf dem Weg, zum Portal schlechthin zu werden und damit auch die Werbeplattform der Wahl. Die Braut ist also geschminkt, bleibt nur noch abzuwarten, wer sich jetzt in Facebook verliebt und den Laden kauft. Im Weblogs wird schon spekuliert, diese Ehe würde ab zwei Milliarden Dollar arrangiert - Online-Dating in seiner schönsten Form!

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