Messen brauchen mehr Inhalt statt Kaffee und Klatsch

Von Peter Littmann

Der Ausstellungs- und Messeausschuss der Deutschen Wirtschaft, Auma, jagt eine neue Werbekampagne durchs Land. Der Slogan lautet "Erfolg durch Messen", und eine entsprechende Homepage liefert die Argumente: "Zwei Millionen ausländische Fachbesucher. 1,9 Millionen Entscheider der deutschen Wirtschaft. 100 Prozent Kundenansprache ohne Streuverluste. Seien Sie dabei ..." Angesprochen fühlen sollen sich vor allem kleinere und mittlere nicht ausstellende Firmen - künftig sollen auch sie ihre Stände in den Hallen aufbauen.


Vordergründig ist alles toll im Ausstellungswesen. Zwei von drei weltweit führenden Messen finden hier zu Lande statt. Eine Umfrage ergab jüngst, dass 76 Prozent von 500 befragten deutschen Unternehmen Messen genauso wichtig finden wie ihren eigenen Vertrieb. Auf den Plätzen landeten Direkt Marketing, Werbung in Fachpresse, PR, Events und das Internet. Dass der Auftraggeber der Umfrage, die Auma, damit genau das zu hören kriegte, was er von Anfang an hören wollte, verwundert dabei nur Laien.

Die fragen sich natürlich auch: Wenn alles so prächtig glitzert in den Messehallen, warum dann überhaupt eine Imagekampagne? Sagen wir es so: Das Leben ist immer dann am schönsten, wenn der Schmerz nachlässt. Offenbar wird gerade ein seit Jahren anhaltender Abwärtstrend gebrochen.

Auf der vergangenen Industriemesse in Hannover zeigten 6 400 Aussteller aus 60 Nationen fünf Tage lang ihre Produkte. Das waren 1 436 Aussteller mehr als im Vorjahr, und mit 225 000 Quadratmetern Ausstellungsfläche war das Gelände ausgebucht. Sorgenkind Cebit zählte 6 153 Aussteller aus 77 Ländern. Weniger als im Vorjahr, Branchenriesen wie Nokia und Motorola fehlten, doch immerhin waren zehn Prozent mehr Besucher da.

Dank der besseren Konjunktur liegen die Kennzahlen der Auma leicht im Plus. Hinter den Kulissen brodelt es jedoch, der Konkurrenzkampf ist ungebrochen, das Flächenangebot explodiert. Es fehlt inhaltliches Wachstum, das die Überkapazitäten auffangen könnte. Angesichts des Gedrängels im Inland lockt das Ausland: Alle versuchen, China, Indien, Russland zu erschließen. Doch vor allem die Asiaten werden schnell lernen, wie sie in dem Geschäft selber Geld verdienen. Es sieht so aus, als diene der Run auf fremde Märkte nur dazu, fundamentalere Probleme zu verdecken.

Konsumenten sind heute besser informiert und schauen wie die Aussteller auf Zeit, Kosten und Effizienz. Das Internet macht so manche Marktanalyse überflüssig, die früher auf einer Messe stattfand. Gleichzeitig wird das Ausstellungs- und Kongress-Angebot unübersichtlicher. Anstatt die Themen zu bündeln und an weiteren Leitmessen zu arbeiten, kannibalisieren sich einzelne Anbieter, zersplittern Themen und besetzen Felder doppelt und dreifach. Es gibt in Deutschland mehrere Musik-, Buch- und Modemessen, Ähnliches gilt für Technik, Lederwaren und Boote.

Das ist nicht unbedingt clever, denn für viele liegt der einzige Vorteil einer Messe in der Sinnlichkeit eines branchenweiten "Get together" - also im realen Erlebnispotenzial, das sich aus Gespräch und Vorführung von Produkten und Dienstleistungen ergibt. Messen müssen Wissensbörsen der Info-Gesellschaft werden, die von allen relevanten Playern besucht werden. Sonst werden sie von immer mehr Menschen als überflüssig empfunden.

Das bedeutet aber nicht nur Kaffee und Klatsch, sondern exklusive Erkenntnisse und Diskussionen mit wichtigen Kollegen, Kunden, Konkurrenten. Messebesucher wollen relevante Reden hören, wichtige Wissenschaftler sehen, kurz: die entscheidenden Köpfe einer Industrie erleben. Das Schlüsselwort einer gelungenen Messe lautet daher Content. Wenn der stimmt, passt auch der Slogan "Erfolg durch Messen".

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