Großzügige Markenbotschaften herzlich willkommen
Neuerdings fordern Kinder ihre Eltern auf, endlich das Licht auszumachen. Das zumindest meldet die "New York Times" in einem Bericht über umweltbewusste Kids, die ihren Erzeugern die Flötentöne beibringen, wenn die mit Plastiktüten vom Einkaufen kommen oder vor der Schule mit laufendem Automotor herumstehen.
Da wächst eine interessante Gruppe heran. Einen Vorgeschmack darauf, was den Volkswirtschaften mit ihr ins Haus steht, können wir schon mal testen an der sogenannten "Generation Y", deren Vertreter zwischen 1977 und 1985 geboren sind. Die haben ein ziemlich anstrengendes Weltbild, weil sie beispielsweise nur für Unternehmen arbeiten wollen, die ihre persönlichen Interessen, Ziele und Lebensstile respektieren.
Die Demografie kommt ihrem Anspruchsdenken entgegen: Die Babyboomer gehen in Rente, der Nachwuchs wird zunehmend knapp. Inzwischen klagen viele Unternehmen, dass es mehr Aufgaben gibt als kluge Köpfe, um sie zu lösen. Ähnliches wirkt in den Einkaufszentren: Da gibt es mehr Produkte als Geldbeutel, doch die Yler wollen nur besitzen, was sie von der Markenbotschaft her überzeugend finden. Das ist nicht allzu viel.
Die gegenwärtige Finanzkrise macht diese Jugend noch kritischer gegenüber "big business" - und damit sind sie in bester Gesellschaft. Nur noch vier von zehn Amerikanern sagen, dass sie ihrem Arbeitgeber vertrauen, und drei Viertel meinen, dass Unternehmen in ihren Werbekampagnen lügen. Umso größer ist die Sehnsucht nach authentischen Personen, Marken und Konzepten. Die Marktforschungsgesellschaft Trendwatching.com ruft daher die "Generation G" aus - wobei das G für "Generosity" oder Großzügigkeit steht. Gemeint ist zum Beispiel die jugendliche Massenbewegung, die Barack Obama mit Hilfe des Internets fünfdollarweise zu seinem Wahlkampfbudget verhalf. Die Schlagworte dieser Generation sind "geben, zusammenarbeiten, teilen".
Das mag in älteren Ohren unrealistisch klingen - aber nur solange, bis sie gehört haben, in welcher Welt sich die Jungen bewegen. Für sie ist das Netz nicht Teil der Kultur, sondern das Internet ist die Kultur. Flickr wird von 33 Millionen Leuten genutzt, die jede Minute über 3 000 neue Fotos hochladen; Wikipedia wird von 8,6 Millionen Nutzern gepflegt, von denen 145 000 in den vergangenen zwölf Monaten aktiv an der Site gearbeitet haben; dazu kommen Millionen Blogs, die Wissen zu allen Themen der Erde verbreiten.
Wer selber teilt, erwartet auch Großzügigkeit von anderen. Unternehmen, Manager und Marken, die nicht als umweltbewusst, großzügig und kooperativ rüberkommen, sind in den Augen der Generation G indiskutabel: Bei denen will man weder arbeiten noch einkaufen. Einige Unternehmen haben verstanden: Die Internetmaschine Google startete das Projekt 10 100, wo sich Leute mit wohltätigen Ideen um insgesamt zehn Millionen Dollar bewerben können. Der Präsident des Autobauers Toyota, der mit Hybridmotoren Erfolge feiert, spricht immer wieder publikumswirksam von seinem Traum, einen Motor zu bauen, der die Luft verbessert. Die Schnellrestaurantkette Krispy Kreme verteilte in ihren britischen Niederlassungen in der Woche vor Obamas Amtsübernahme gratis Kaffee an Leute, die den Laden betraten und "Yes, we can!" sagten.
Die HSBC-Bank hatte im Dezember einen Stand am Flughafen Heathrow, an dem sich Passagiere gratis Zeitungsartikel ihres Interesses zu einem individuellen Magazin zusammenbinden lassen konnten. Andere Marken vergeben für jeden Einkauf gratis ein Paar Schuhe an notleidende Kids, stellen Automaten für Leergut auf, die das Pfand spenden, oder promoten Beton, der beim Aushärten CO2 aufnimmt. G muss für Großzügigkeit stehen, nicht für Gier - dann sind junge Verbraucher auch gerne Verbraucher.