Lieber echte Allianzen als Marken-Knubbel

Top Technics: Promotion

Von Peter Littmann

Den meisten Marketingleuten fällt zum Stichwort "Allianz" mittlerweile das Adjektiv "unheilige" ein. In den späten 90er-Jahren galten Markenallianzen noch als Königsweg zum Kunden, heute haben sie eher den Ruf, mit all den gescheiterten Firmenfusionen verwandt zu sein. Unternehmen lassen sich nur schwer vereinigen, Menschen und Marken schon gar nicht, so rufen die Unken. 

Lustvoll zitieren Branchenexperten Untersuchungen, aus denen hervorgeht, dass Markenflirts meist in Tränen enden: 90 Prozent gehen schief. So griffen beispielsweise Alessi und Henkel mit einem WC-Stein für Designbewusste regelrecht ins Klo.

Coca-Cola und L'Oreal hingegen wollten am anderen Ende ansetzen und dachten über ein gemeinsam vermarktetes Getränk namens Lumaé nach, der Wellness-ambitionierten Frauen helfen sollte, ihre Haut von innen zu pflegen. Die zwingen sich jedoch immer noch, drei Liter Evian am Tag zu trinken, denn die Beautybrause hat es nie in den Handel geschafft.

Doch sind solche Flops schon Beweis genug, dass es Marken bei Verlobungen ergeht wie Romeo und Julia auf der Bühne - am Ende nur schöne Leichen? Eher nicht. Konsumenten wissen sehr genau, welcher Marke sie in welchem Bereich Kompetenz zutrauen, und suchen konsequent nach dem besten Angebot. In diesem Umfeld hat die Nase vorn, wer mit einer konzertierten Markenallianz etwas Besseres, Innovatives schafft, was keines der Marken allein hingekriegt hätte.

Zugegeben, das allerdings ist nicht einfach. So ein Zusammenschluss bedeutet ein neues Angebot, das die Kernkompetenzen von zwei Siegern auf eine neue Ebene hebt. Unter geschärftem Blick entpuppen sich daher viele Marken-Knubbel mehr als simple Kooperationen denn als echte Allianzen. Kreditkartenunternehmen beispielsweise haben oft Kooperationsverträge mit Dutzenden von Partnern - von der Fluggesellschaft bis zum Fußballclub.

Auch wenn ein Unternehmen seinen Namen auf ein anderes Produkt schreibt, ist das bestenfalls Co-Branding, aber noch lange keine Markenallianz. Gleiches gilt, wenn Swarovski mit der "Crystallized"-Politik seine Klunker genauso selbstverständlich auf irgendwelchen modischen Fräckchen auftauchen lässt wie auf Trinkflaschen von Sigg.

Apple selber ist deutlich selektiver und kommt dem Ideal deutlich näher. Los ging es mit Volkswagen: Zu jedem verkauften Käfer gab es den iPod gleich mit. Heute ist der Apple-Anschluss Teil der Stereoanlage von ausgesuchten mobilen Topmarken wie BMW, Mercedes, Ferrari oder Alfa Romeo.

Ein paar überzeugende Konzepte gibt es auch in der Hotellerie: In den USA steckten der Kinderkanal Nickelodeon und Holiday Inn die Köpfe zusammen und heraus kamen familienfreundliche Kid-Suites. Bulgari und Marriott entwickelten ein gemeinsames Luxushotelkonzept, ebenso die Rezidor Hospitality Group und Missoni.

Überhaupt scheint es im Trend zu sein, Räumlichkeiten zu einem Markenzeichen zu erheben: Hotelmarken verwandeln ihre Badezimmer in Aveda-Spas, in einem Tokioer Wohnturm richtet Sony Apartments mit der modernsten Unterhaltungselektronik ein, Starkoch Alain Ducasse betreibt mit "Beige" ein auf Chanel getrimmtes Restaurant. Ganz offenbar suchen zahlreiche Marken mittels Allianzen nach Wegen, ihr Angebot mehr als Erlebnis denn als simples Produkt zu vertreiben.

Das ist auch die Philosophie der Elektrohersteller. Philips stellt schon seit geraumer Zeit seine Fernseher und DVD-Geräte in Ikeas Wohnlandschaften, damit der Kunde sie gleich mal ausprobieren kann - zusammen mit dem Sofa seiner Wahl. Auch verbandelten sich die Niederländer mit Sara Lee zur Produktion der Senseo-Kaffeemaschinen und mit Nivea für ein pflegendes Cool-Skin-Rasiersystem. Als Krups und Heineken für ein Bierkühlgerät zusammenschmissen, drängte Philips mit Inbev im Schlepptau prompt mit einem Konkurrenzprodukt in die privaten Küchen und Partykeller.

Warum passiert das? Ganz offenbar, weil die zehn Prozent gut gemachter Markenallianzen tatsächlich Mehrwert schaffen. Der entsteht jedoch nur, wenn für beide Marken tatsächlich Musik in der Verbindung steckt und - last, but not least - der Konsument den Sinn der strategischen Kombination auch nachvollziehen kann. Unter dieser Prämisse, heilige Allianzen gibt es im Marketing keine, von Zeit zu Zeit wohl aber durchaus ganz gut funktionierende.

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