Stockholm-Syndrom für Reisende

Top Technics: Promotion

Von Peter Littmann

Endlose Sicherheitskontrollen, verlorene Gepäckstücke, Wartezeiten, stornierte Flüge, scheußliches Essen, grantiges Bodenpersonal: Fliegen macht keinen Spaß mehr. Da hilft oft nur noch „Retail Therapy“ - wie die Amerikaner Frust-Shoping nennen – und entsprechend explodieren die Flughäfen heute zu Einkaufsmeilen.

Der Flughafen Hamburg investierte gerade rund 100 Millionen Euro in das Großprojekt „Airport Plaza“: Sieben Geschosse und eine Gesamtfläche von rund 13.000 Quadratmetern voller Verlockungen des Konsums. Das Vorbild ist München: Was da 1992 bescheiden mit 30 Geschäften begann, protzt heute mit über 203 verschiedenen Marken auf 31.000 Quadratmetern. Reisende und Besucher lassen im Schnitt elf Euro pro Nase in dem Einkaufszentrum mit angeschlossener Startbahn. Heathrows arbeitet genau daran: Im neuen „Terminal 5“ nehmen die Einzelhandelstherapeuten inzwischen 22.000 Quadratmeter ein – das vergrößerte die dem Konsum gewidmete Fläche um 50 Prozent.
Zyniker vermuten, dass die Betreiber absichtlich Abflüge behindern und Gepäckstücke klauen, um frustrierte Fluggäste in die Arme der Händler und Restaurants vor Ort zu treiben. Ihr Ziel ist ein künstlich erzeugtes Stockholm-Syndrom für Reisende: Der Begriff wurde ursprünglich geprägt, weil sich Entführungsopfer regelmäßig mit ihren Kidnappern einlassen und sie am Ende sogar verteidigen. Am Flughafen fest gehaltene Leute identifizieren sich jedenfalls genug mit dem Aggressor, um ihm schöne Umsätze zu beschweren. Der so genannte Non-Aviation-Bereich – also Einzelhandel, Gastronomie, Parken, Werbung und Immobilienvermietung – trägt in vielen Terminals bald mehr zum Umsatz bei als der eigentliche Flugverkehr.
Beispiel London: Schon vor der Fertigstellung vom Terminal 5 machte die British Airport Authority (BAA) rund 500 Millionen Pfund Umsatz im Jahr mit 150 Millionen Fluggästen auf sieben Hubs im Vereinigten Königreich. Die Betreiber mögen also verkünden, dass sie sich mit dem Bau bis zur Halskrause verschuldeten, um Leute besser und schneller durch die Lüfte zu bewegen, aber das glauben nur Anfänger. Schließlich prophezeite die Beratung A.T. Kearney schon vor drei Jahren, dass der wirtschaftliche Erfolg eines Flughafens in Zukunft mehr vom Umsatz in Non-Aviation abhängen werde, als vom Kerngeschäft.
Genau das beweist die BAA: Sie verzeichnete im ersten Quartal 2009 wegen Wirtschaftskrise und Schweinegrippe sieben Prozent weniger Passagiere - aber die Umsätze mit Airport Shoppern machten das mehr als wett. Die offizielle Begründung lautet: Das Pfund litt in der Rezession und nun greifen eurostarke Reisende an britischen Flughäfen eben länger und tiefer in die Tasche. Die inoffizielle: Dass Londons Gatwick und Heathrow regelmäßig zu Europas Verkehrsknotenpunkten mit den schlimmsten Verspätungen gehören, ist nicht zum Schaden des dortigen Einzelhandels.
Bemerkenswert ist dabei die Zahl der Luxusmarken an Flughäfen. Von den 33 Brands, die sich in Terminal 5 niederließen, gehören 14 in die Kategorie „Edel“. Darunter Gucci und Hermès oder auch Montblanc – fragt sich nur, warum gerade Luxus an Flughäfen gut funktioniert? Eigentlich möchte man annehmen, dass Lokalitäten, wo Leute entweder eilig sind oder genervt vom Warten, keine geeignete Plattform bieten für ein Marken- oder gar ein Luxuserlebnis.
Die Antwort ist simpel: Männer. Wohl war, 85 Prozent aller Einkaufshandlungen werden von Frauen getätigt. Aber nicht in der Abflughalle. Dort laufen gut ausgebildete und noch besser verdienende Männer herum, die normalerweise wenig Zeit und Energie auf Retail Therapy verwenden. Auf dem Weg zum Gate jedoch haben sie als Geschäftsreisende nicht nur Langeweile, sondern die Marken auch noch augenfällig vor der Nase – und als Alternative nur die anderen mehr oder weniger genervten Anzugträger in der Lounge.
Da fällt Mann dann schon mal auf, dass eine neue Brieftasche überfällig ist, eine paar modische Krawatten nicht schaden können oder dass ein Hochzeitstag ansteht. Das Angebot der Markenanbieter in ihren Flughafen-Shops fokussiert bewusst auf Status bewusste einkommensstarke Männer – und so manch ein zur Geduld gezwungener High Flyer entdeckt plötzlich die therapeutische Wirkung seiner Kreditkarte.

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