Führen statt feuern - McDonald's macht es vor

Von Peter Littmann


Was ist das? Stühle im Designstil der Skandinavier, Kaffee und Milch stammen aus nachhaltigem Anbau, und im Glas schwappt Bionade? Na klar, wir sitzen in der Ökofreak-Kneipe im Univiertel. Wenn es mal so wäre! Tatsächlich handelt es sich um einen McCafé-Shop von McDonald's.


Von der Fastfood-Bude zum Qualitätserlebnis - Lifestyle im Schnellrestaurant? Ein wenig Lektüre im Kaffeesatz ergibt eine simplere Antwort: Kaffee verkauft sich immer besser, die Deutschen heben inzwischen häufiger die Tasse zum Mund als den Bierhumpen, und gerade in Europa will McDonald's dynamischer wachsen. Da hier aber Flair à la bella Italia und Coffeeshop-Charakter made by Starbucks Spuren hinterließen, darf es jetzt auch bei MCD (so das US-Börsenkürzel) ein wenig netter zugehen. "Emotionales Konsumerlebnis für glückliche Mainstream-Kunden zu jeder Gelegenheit", heißt die Devise.

Zum Jahrtausendwechsel hätte über den McDonald's-Restaurants noch stehen müssen: "Fresstrog für fette Unterschicht an jeder Ecke". Der Start des Konzerns ins neue Jahrtausend gestaltete sich klebrig wie Ketchup: Die Produkte waren wenig innovativ, die Gasträume schäbig, und außer der Begeisterung ihrer kleinen Kinder gab es wenig, was Kunden in die Burger-Bräte trieb. Was macht man mit einer Marke, die nur Leute unter zehn toll finden? Was mit Produkten, die viele oberhalb dieser Altersgrenze als Attacke auf den guten Geschmack empfinden?

2002 hatte sich der MCD-Aktienkurs fast halbiert, Filme wie "Supersize me" zeigten eindrucksvoll, wie man in nur 30 Tagen über 20 Pfund zunehmen kann, indem man nur bei McDonald's isst. Normalerweise ist das der Moment, in dem ein Konzern einen Sanierer und eimerweise rote Tinte ins Haus holt. Bei MCD jedoch schlug die Stunde des ewigen Zweiten: Zum CEO gekürt, machte sich Jim Skinner, der langjährige Vize daran, den Laden mit "Leadership Marketing" umzudrehen.

Statt weiterhin durch immer mehr Outlets wachsen zu wollen, wurde in den Bestand investiert. Plötzlich gab es Salat und Obst, bequemere Sitze, sanfteres Licht, Plasma-TV-Bildschirme und drahtloses Internet. Die Amis rangen sich gar dazu durch, einen Europäer das europäische Geschäft führen zu lassen, und Skinner warb bei Pepsi die erfolgreiche Marketingchefin ab. Seither hat der Konzern drei Gruppen im Blick: Kinder und ihre Mütter sowie junge Erwachsene. Die sollen sich mit dem Laden identifizieren und ausrufen: "I'm lovin' it!"

Das tun sie offenbar: Vier Monate nach Kampagnenstart 2003 erinnerten sich knapp 30 Prozent der unter 30-Jährigen an den Slogan. Die Kampagne läuft weltweit, wird den lokalen Länderchefs jedoch nur in Modulbauweise geliefert, so dass sie ethnisch passende Models und Logos ins regionale Ambiente setzen können. Dazu passt, dass auch immer mehr Betriebe im Franchise-Verfahren geführt werden - lokale Leute verstehen ihre Märkte einfach besser. Jetzt ist McDonald's wieder back on track.

Die Geschichte ist ein Beweis für das, was wir alle wissen, aber im Management kaum einer umsetzt: In Krisen nur zum Rotstift zu greifen ist die zweitbeste Lösung. Stattdessen alles in Ideen, Leute und intelligentes Marketing zu stecken, kann wesentlich besser funktionieren.

Der MCD-Ausdruck vom "Leadership Marketing" trifft es gut: Führen statt feuern! Von den McCafés gibt es inzwischen deutschlandweit über 200, damit ist McDonald's plötzlich der Zweite in dem Geschäft nach Tchibo. Das passt zur Philosophie des Firmenpatriarchen Ray Croc. Der soll gesagt haben, er wisse nicht, was sein Unternehmen künftig verkaufen werde. Er wisse bloß, dass es mehr davon absetzen würde als alle anderen.

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