"Blood Diamonds": Schöner heucheln kann keiner

Von Peter Littmann

Valentinstag ist gerade vorüber, weltweit fanden Tausende von Brillanten ihren Weg an weibliche Finger und Ohrläppchen. Die Oscar-Verleihung jedoch steht noch bevor, und auch da wird es diesmal um Glitzersteine gehen - allerdings nicht als Symbol unvergänglicher Liebe, sondern als Zahlungsmittel für Waffen in afrikanischen Bürgerkriegen: "Blood Diamonds" ist fünffach nominiert. Der Film spielt Ende der 90er-Jahre in Sierra Leone, wo Warlords die Waffen für ihre Kindersoldaten mit geschmuggelten Diamanten bezahlen. Hauptdarsteller Leonardo DiCaprio sagt darin sinngemäß: "In Amerika stehen Diamanten für ,blink blink', in Afrika für ,bumm bumm'." Dann fliegen in Hollywood-Manier Dreck und menschliche Körperteile durch die verwüstete Gegend.

Manch Kinobesucherin wird ihren Schmuck nach dem Film mit anderen Augen betrachten: "Diamonds are a girl's best friend" mag im reichen Norden ein schönes Motto sein, die Menschen, die im Süden mit Waffengewalt gezwungen werden, die Klunker zu fördern, sehen das anders. In Konflikten in Angola, Kongo und Sierra Leone sollen inzwischen 3,7 Millionen Menschen ihr Leben gelassen haben.

Des einen Freud, des anderen Leid: Während das Filmstudio Warner auf Oscars hofft, muss die Diamanten fördernde Industrie Millionen für Imagekampagnen ausgeben, um das Schlimmste abzuwenden. Guy Leymarine, Chef des Diamantenhändlers De Beers, formuliert die Untertreibung der Saison, wenn er sagt, der Film sei "absolut eine Sorge für uns". Dass Amnesty International die auf Celluloid gebannte Botschaft "An den Glitzerdingern klebt Blut" unterstützt, lässt ihn kaum besser schlafen.

Immerhin haben De Beers & Co beschlossen, aus der Deckung zu kommen. Eine Sprecherin der Diamantenlobby betont, der Film porträtiere die Lage in den 90er-Jahren, seither habe sich die Branche völlig verändert. Selbst damals seien nur vier Prozent der weltweit gehandelten Steine Krisendiamanten gewesen. Heute sei die Herkunft von 99 Prozent bekannt und zertifiziert.

Das bedeutet richtig herum gelesen, dass sich einige Mitglieder vor 2000, dem Gründungsjahr des Diamantenclubs WDC, nicht gerade mit moralischer Überlegenheit bekleckerten. De Beers kontrolliert 70 Prozent der afrikanischen Diamantenproduktion und kaufte zudem lange alle Steine auf, um die Preise zu stützen. Fragen nach ihrer Herkunft wurden nicht gestellt.

Zudem soll De Beers jede Menge Afrikaner von ihrem angestammten Land vertrieben haben, weil sie Mineprojekten im Wege waren. Auch deshalb will sich das Ex-Supermodel Iman - bis 2004 die Ikone der Kampagne "Diamonds are forever" - von De Beers distanziert haben: "Bushmen aren't forever."

Bei allem Gezerre um den Film: Für die Glitzerindustrie ist das Imagedebakel eine Chance darzustellen, dass man die Lektion gelernt und sich von den schlechten alten Zeiten verabschiedet hat. Ein Schritt in Richtung Krisen-PR ist die vom WDC gesponserte Website diamondfacts.org, die sich der positiven Seite des - legalen - Geschäfts widmet: Fünf Millionen Menschen hätten durch die Schmuckindustrie Zugang zu medizinischer Versorgung bekommen; dank der Umsätze mit Diamanten sei Bildung für jedes Kind in Botswana unter 13 gratis. Laut Pressemitteilungen des WDC verlangen 88 Prozent der Juweliere von ihren Zulieferern Garantien über die saubere Herkunft der Preziosen.

Diese Art Krisenmanagement kann man heuchlerisch finden. Richtig spannend wird diese Diskussion jedoch erst in der Oscar-Nacht am 25. Februar. Vermutlich werden wieder reihenweise schwer mit "blink blink" behängte Stars über den roten Teppich ins Glashaus wandern zum Steine schmeißen und um mitzufiebern, ob "Blood Diamonds" tatsächlich Auszeichnungen gewinnt oder nicht. Eines muss man Hollywood lassen: Schöner heuchelt keiner! Nicht mal De Beers.

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