Onkel Hans im neuen Jackett

Von Peter Littmann

Buchhändler-Azubi Susi stammt vom Lande. Sie spricht Bayerisch und packt ihre üppigen Kurven am liebsten in Dirndl. Eines Tages beschließt das Spätzchen, als Adler die Lüfte zu erobern: Klein Susi macht Diät und zieht nach Berlin, wo sie sich Susan nennt und fortan Zara trägt statt Tracht. Aus Dialekt wird bemühtes Hochdeutsch und Bücher werden auch keine mehr verkauft, sie will selber welche schreiben.


"Rebranding!" denkt sich der Marketingexperte und grinst. Susi ist in guter Gesellschaft. Madonna wandelte sich von der singenden Sexbombe zur Hausfrau im Blümchenkleid, als sie ihr Kinderbuch vermarktete. Nun tourt sie wieder halbnackt, denn eine Platte muss in den Markt gedrückt werden.

So wie die Sternchen und Stars pflegen Marketingmanager ein Faible für Schleiertänze. McDonald's verbündet sich mit Marken wie Evian und Danone, um nicht mehr als Dickmacher zu gelten, sondern als Fast-Food-Kette für Salat, frische Luft und erbauliche Gedanken. Was Wunder, hat doch die Debatte um fettsüchtige Kinder mancherorts zu Gewinneinbrüchen bis zu 70 Prozent geführt. Nicht auszuschließen, dass als Nächstes der ikonenhafte gelbe Doppelbogen über die Wupper geht.

British Petroleum ließ das Geschäft mit dem Öl hinter sich und redet besonders gern, lang, und laut über Wind- und Sonnenenergie, seitdem die Öffentlichkeit über die hohen Spritpreise und die noch höheren Profite der Mineralölkonzerne debattiert.

Und nun auch noch BenQ statt Siemens. Zum Jahreswechsel 2007 soll der Name Siemens schrittweise durch ein neues Logo ersetzt werden. Mal abgesehen von einer lohngünstigeren Produktion in Asien war von einer runderneuerten Strategie bisher nicht so recht die Rede. Ob die technisch und optisch austauschbare Braut durch einen anderen Namen und ein wenig Schminke tatsächlich hübscher wird?

Bisher ärgert sie eigentlich bloß die Verwandtschaft: Großkunden wie Motorola, die früher bei BenQ fertigen ließen, sprangen ab, nachdem die Taiwanesen ankündigten, eigene Marken und Modelle vertreiben zu wollen. Ein bisschen mehr muss wohl schon passieren, um mit Handys von der Siemens-Baustelle über einen Marktanteil von fünf Prozent zu kommen.

Ein neuer Name und eine neue Frisur machen aus Landei Susi genauso wenig ein urbanes Gewächs wie ein aufgebürstetes Logo und eine Imagekampagne einen Ölkonzern in einen Anwärter auf den Umweltpreis verwandeln. Und nur Dilettanten versuchen, an einer gewachsenen Marke je nach Zeitgeist herumzuschrauben.

Eine Politik des "Welcher Aspekt darf's denn heute sein?" wird auf die Dauer keinen Kunden überzeugen. Nicht umsonst reden wir seit Jahren im Branding von "Markenpersönlichkeit" - der stocksteife Onkel Hans mutiert ja auch nicht über Nacht zum Partylöwen, bloß weil er sich neuerdings James nennt und ein neues Jackett trägt.

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