Karstadt in Japan

Von Peter Littmann

Denken sie an Nippon, sehen die meisten Nicht-Japaner vor ihrem geistigen Auge Kimonos, Geishas, den Mont Fuji und die gigantischen Kaufhäuser, die Tokyo oder Osaka prägen. Alles Nostalgie, nur der Berg steht noch, Kimonos und Geishas sind ebenso weitgehend Geschichte wie die Pracht und Herrlichkeit der „dep?tos“ - wie ein elegantes Department Store auf Japanisch genannt wird.

Einst Symbole des Aufstiegs zur wirtschaftlichen Weltmacht, kämpfen die Luxus-Warenhäuser nun mit dem Abstieg. Ihre Umsätze schrumpfen schon seit zwei Jahren drastisch, im Februar lagen sie noch mal vier Prozent unter Vorjahr. Inzwischen wird für viele die Luft dünn, Seibu in Tokios Shopping-Distrikt Ginza beispielsweise muss dicht machen. Takashimaya, drittgrößte Warenhauskette im Land, leidet nicht nur zu Hause: Im Juni kommt der Rückzug vom amerikanischen Kontinent, auch das Prestigeobjekt auf New Yorks Fifth Avenue wird dicht gemacht. Ein Rettungsversuch via Fusion mit der anderen Warenhauskette H2O Retailing ist an Kulturdiskrepanzen im Management gescheitert. Kommt einem als Karstadt-Kunden irgendwie bekannt vor.
Sind Japans Kaufhäuser also einfach weitere Opfer der Krise? Nicht nur. Vor rund zehn Jahren – damals hieß es auch schon mal in der Presse „Japans erlebt die schlimmste ökonomische Kontraktion seit dem zweiten Weltkrieg“ - ging es den Nobel-Händlern immer noch glänzend. Obwohl der Gesamtkonsum insgesamt einbrach, brummten die Kaufhäuser und auch ihre Umsätze mit Edelmarken wie Gucci, Cartier und Tiffanys legten zweistellig zu. Ein Drittel aller Designerware weltweit ging seinerzeit in Japan über den Tresen, trotz Wirtschaftskrise. Ein ganzes Heer von Angestellten in weißen Handschuhen bevölkerte die Einkaufstempel, adrett gekleidete Begrüßungsdamen verbeugten sich tief vor jedem neuen Kunden. Sonderangebote im Kaufhaus waren unbekannt.
Hidehiko Sekizawa, damals Direktor des Institute of Life and Living der Werbeagentur Hakuhodo, meinte dazu lapidar: „In anderen Ländern kaufen sich die Leute ein Haus, wenn sie Geld haben, Japaner haben jedoch wenig Interesse an Immobilien, hier wollen die Leute aufwendige Konsumgüter.“ Das sei eben die Kultur und auch die Geschichte des Landes. Soll heißen: Von einer blöden Krise lassen sich japanische Verbraucher nicht beeindrucken.
Was ist seither anders? Warum lässt sich in Ginza der Niedergang der großen Häuser in der jüngsten Rezession förmlich mit Händen greifen? Cheap chic ist die Antwort. Junge Japanerinnen konsumieren jetzt anders: schneller und billiger. Im Kaufhaus Matsuzakaya, da wo bislang Gucci thronte, eröffnet jetzt mit Forever 21 ein Billighändler aus USA. Und wer hip ist in Nippon, trägt statt Gucci oder Dior mittlerweile Uniqlo, kurz für Unique Clothing Warehouse. Diese preisgünstige Kette ist das Fast-Food-Ende in der Nahrungskette für Nippons Fashionistas.
Die vergangene Dekade der Deflation hat den Aufstieg der Kette nicht gerade behindert, doch steckt weit mehr hinter dem Erfolg von Uniqlo als nur „cheap and awful“. Uniqlos Klamotten sind gut gemacht. Unter anderem von Frau Jill Sander. Die kriegt es bei Uniqlo fertig, ihrem Purismus treu zu bleiben und nicht einfach nur langweilig zu werden, obwohl die Schnitte und Materialien für die japanische Kette deutlich weniger aufwendig sind als ihre früheren Kollektionen.
Derweil bedienen Japans Kaufhäuser genauso wie ihre deutschen Kollegen vor allem ältere Damen und bewegen ihr Warenangebot zielstrebig am Geschmack der Jungen vorbei. Die wandern ab und das Geschäftsmodell dep?to hängt schief in den Angeln mit einem Absatzschwund von zehn Prozent allein in 2009. Uniqlo wuchs derweil um 15 Prozent – gutes, schnelles Design zu noch besseren Preisen, verbunden mit einem frischen Image.
Was bedeutet das alles? Das Geschäftsmodell Gemischtwarenladen ist überholt – weltweit, nicht nur für Arcandor, Gott hab ihn selig. Wohl wahr, ein paar Traditionshäuser wie Harrods in London, die Galeries Lafayette in Paris, Neiman Marcus in New York, das KaDeWe in Berlin, oder aber Mitsukoshi in Tokyo werden vielleicht überleben – hauptsächlich, weil sie wie der höchste Berg Japans Fuji-san in jedem Fremdenführer stehen und nicht, weil der Markt wirklich nach ihnen schreit.

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