Der Kinderwagen als Trendaccessoire

Von Peter Littmann

Ist TomKat wieder schwanger? Was macht überhaupt Töchterchen Suri Cruise? Was ist los in Familie Pitt-Jolie? Jüngst waren im "People"-Magazin Fotos zu sehen, auf denen Angelina ein Schwangerschaftsbäuchlein zu haben scheint. Wenn es noch ein Baby gibt, wird sie sich wieder die geografische Breite des Geburtsortes in die Haut tätowieren lassen? Egal, auf jeden Fall wird sie sich einen neuen, teuren Kinderwagen zulegen.


Autos, Klamotten, Juwelen, Ferieninsel - alles als Statussymbol wunderbar, doch ultimativ chic sind Kinder. Nicht nur, weil es so viel wie ein Eigenheim kostet, ein Kind bis zum 18. Lebensjahr zu versorgen, sondern weil es davon auch noch immer weniger gibt. Moderne Industriegesellschaften wie Deutschland lassen sich auf den Nenner bringen: Immer ältere, immer reichere Leute haben immer weniger Kids.

Sinkende Stückzahlen bei steigenden Preisen, da haben wir die Definition der Luxusware. Und wer sich diese gönnt, will sie bekanntlich zeigen. Schließlich hat man da einen Mini Me produziert, und für den ist nichts zu schade! In der Folge wenden Eltern heute weltweit mehr als 40 Milliarden Dollar im Jahr für Babyausrüstung aus.

Das ausdrücklichste Symbol für Kinder als Trendaccessoire sind Kinderwagen. Früher mal waren die einfach ein Korb auf Rädern, hellblau oder rosa. Gerade bei denen, die sich etwas anderes hätten leisten können, reichte er auch für drei Kinder und wurde anschließend an Freunde vererbt, die darin dann noch mal zwei, drei Babys in die Zukunft schoben. Die Investition pro zurückgelegtem Kilometer blieb so minimal, und Buggys waren das Letzte, worüber sich junge Eltern - vielleicht mit Ausnahme derer aus der unteren Mittelschicht - den Kopf zerbrachen. Heute liegt die Geburtenrate bei ungefähr 1,3; vier von zehn deutschen Frauen kriegen gar keine Kinder mehr. Gleichzeitig liegt der Markt für Kinderwagen in Deutschland irgendwo nördlich von 850 Mill. Euro.

Unsere Welt ist eine mobile, und was einer wert ist, zeigt sich an seinen Reifen. Früher galt das nur für Große, heute ist es eine schichtübergreifende Imagefrage, in welchem Kinderwagen ein Säugling transportiert wird. Ob so ein Wurm das gefederte Schwenkradsystem, auf dem er ausführt wird, auch gebührend zu schätzen weiß? In den einschlägigen Blogs jedenfalls jammern Mütter aus besseren Kreisen nach der falschen Kaufentscheidung, dass sie von anderen Pärchen mit "mitleidvollen Blicken" bedacht werden.

Damit dieses traurige Schicksal nicht allzu viele Mamis ereilt, gibt es Rat bei Spezialanbietern wie Kinderwagen-land.de. Auch die Zeitschrift "Eltern" zeigt auf ihrer Homepage im "Trendcheck", was so abgeht auf Deutschlands Parkwegen. "Fusion" von Conrad (590 Euro) oder "Buzz" mit Kinderwagenaufsatz "Dreami" von Quinny (640 Euro) funktionieren erst als Babyschaukel, dann als Buggy. Wer es gerne modernistisch mag und mit dem Jüngsten joggend touren will, ist mit "Speedy Apple" von Quinny (300 Euro) oder dem "Easy Walker Sky" (469 Euro) gut beraten.

Zeitgenossen, die ernsthaft auf sich halten und sowohl Roadster als auch Sprinter in der Garage haben müssen, damit das Selbstbewusstsein nicht leidet, machen es wie Stars und Sternchen. Seitdem Miranda in "Sex and the City" 2002 ihren neugeborenen Rotschopf im Bugaboo durch Manhattan schob, leisten sich sozial nach oben mobile Eltern auf der ganzen Welt eine Babykutsche aus Dänemark. Bugaboo gibt's ab 789 Euro aufwärts, und dankenswerterweise sind die Dinger von weitem sofort zu erkennen: Auf der Haube prangt ein wie von Kinderhand gemalter Kreis. Der "Bee" wird beworben mit "für Eltern auf der Überholspur", der "Chameleon" für Stadt, Strand, Wald mit dem Satz: "Sie haben immer den richtigen Kinderwagen dabei."

Gott sei Dank, alles andere wäre ja auch das Ende der Welt! Kinder sind die Zukunft, marketingtechnisch.

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