Event-Marketing: Nur fliegen ist schöner

Von Peter Littmann

Was ist der Unterschied zwischen einer Fluggesellschaft und einer Eventagentur? Es gibt kaum einen. Fluggesellschaft wie Agentur bestimmen den Zielort, übernehmen die Dramaturgie unterwegs und sorgen für die Rundum-Betreuung der Gäste.


Bei beiden Unternehmungen gibt es kein Entkommen, sobald das Ding erst mal gestartet ist. Wer zu einem Event antritt, kann die Werbebotschaft des Gastgebers ebenso wenig wegzappen oder überblättern wie ein Reisender aus einem fliegenden Flugzeug aussteigen. Marketingmanager lieben das!

Zum Trost für die fixierten Gäste sind die Showeinlagen bei Events in der Regel etwas origineller als das berühmte Stewardessenballett mit dem Titel "Sollte im unwahrscheinlichen Fall eines Druckabfalls die Sauerstoffmaske ...".

Anstatt ein Saftwägelchen durch Gänge zu schubsen, buddelt beispielsweise Porsche-Chef Wendelin Wiedeking aus einem Iglu auf dem Schweizer Jungfrauenjoch einen Boxter aus, um ihn den Händlern zu präsentieren. Audi serviert auf Olbia sechs Millionen Krokantkugeln, um über 5 000 Gästen einen neuen Wagen schmackhaft zu machen.

Feiert die Münchener Rück ihr 125-jähriges Bestehen, müssen 3 800 Mitarbeiter das Motto "Chance und Risiko" der Veranstaltung im "Dark Room" hautnah erleben. Nur ein Stromausfall im Frankfurter Flughafen wäre aufregender!

Lange als Partyknaller eher belächelt, ist Live-Marketing heute schwer angesagt. Schließlich sind die Streuverluste bei gezielt eingeladenem Publikum gering. Der Trend kommt aus den USA, wo inzwischen die Grundregel gilt: 40 Prozent des Marketingbudgets für klassische Print- und TV-Werbung, 60 Prozent für Live-Kommunikation, also Messen, Events, Promotion und Direktmarketing.

Der Gedanke hinter dieser Verteilung ist simpel: Publikumsnahe Veranstaltungen, am besten mit Musik, Performances, Showeinlagen, Gourmet-Buffets und nächtlichen Gelagen sprechen alle Sinne an, und das hämmert eine Botschaft nachhaltiger nach Hause als jede noch so liebevoll gestaltete Imagekampagne. ROI liest sich in diesem Fall als "Return on Indulgence" - der "on Investment" folgt dann schon.

Die meisten der größeren Eventagenturen wie VOK Dams, Maxsense oder Kogag jedenfalls erfassen bei denen von ihnen veranstalteten Sausen so ziemlich alles: von der Zahl der getrunkenen Espressi bis hin zum Grad der Integration der Veranstaltung in eine Gesamt-Marketingstrategie.

Wohl wahr: Viele dieser Messungen zielen auf Quantität statt auf Qualität, denn wer kann schon beurteilen, was ein Kunde oder Vertragshändler aus der heiligen Dreifaltigkeit der Eventphilosophie - Wissenstransfer plus Image plus Erlebnis - mit nach Hause nimmt?

Inzwischen werden auch Veränderungsprozesse mit Events begleitet. Beispielsweise startete die T-Com eine Riesenaktion, um die Reorganisation und den Wertewandel der Firma für Mitarbeiter erlebbar zu machen. Auf einer deutschlandweiten Road-Show diskutierten Bereichsvorstände und Regionalleiter mit rund 16 000 Kollegen aller Hierarchiestufen.

Egal, ob die Objekte nun Mitarbeiter oder Kunden sind: Sinnvollerweise richten sich die Ziele von Live-Kommunikation auf Markenbildung, Image-Entwicklung und Loyalität. Die erreicht man aber nicht damit, dass man die Weihnachtsfeier aus der Kantine in die Disco verlegt. Auch Hupfdohlen-Partys mit viel Show und wenig Strategie sind ihr Geld nicht wert.

Eher als Betriebsausflug zu verbuchen sind auch viele der 500 Geschäftsveranstaltungen, die das "Phantasialand" bei Köln verzeichnet. Der Freizeitparkt macht bereits 25 Prozent seines Umsatzes mit Unternehmen, der Bottroper "Movie Park" gar 40 Prozent. Im Supermarkt Canapees und Sekt auszuschenken kann ebenfalls nicht ernsthaft als Eventmarketing bezeichnet werden - nicht umsonst brauchen auch Profis eine Vorbereitungszeit von sechs bis zwölf Monaten für ein Großereignis.

Richtig gemacht kreieren Events durchaus Markt- und Medienresonanz. Als Trendsetter gilt vielen die Autoindustrie, wo Hersteller schon mal eine Million Euro für eine Veranstaltung aufwenden. Stilbildend wirken auch andere Aktionen wie die von Swarovski. Um seine Kristalle noch bekannter zu machen, begann der Glashersteller 2003, mit Designern zu kooperieren. Kristallbesetzte Schuhe, Taschen und sogar mit bunten Steinen verzierte Handys werden glamourös auf den Runways der Modemetropolen und angesagten Insiderpartys betrommelt. Nur fliegen ist schöner!

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