Profitable Sportgeschäfte im Kolosseum

Von Peter Littmann
Sportstadien waren immer schon große Plakatwände. Im allerersten, dem Stadion in Olympia, machten die Hohepriester Werbung für Zeus und ihre eigene Kaste. Im Kolosseum in Rom inszenierten sich die Cäsaren als wohlwollende Diktatoren. Die Gladiatorenkämpfe waren Zweck, nicht Ziel der Veranstaltung. Danach kam die Welt rund 1 500 Jahre glänzend ohne sportlich motivierte Großbaustellen zurecht, schließlich baute man in der Zeit Kathedralen und warb relativ erfolgreich für Gott. Im ausgehenden 19. Jahrhundert entdeckten dann die Briten den modernen Teamsport und fingen an, Arenen zu bauen.


Die Massen, die am Wochenende immer seltener in die Kirchen gingen, mussten schließlich irgendwo hin. Denn das Bedürfnis zu singen, zu feiern, zu weinen und sich als Teil einer Gemeinde zu fühlen, ist ewig. Für Werber ist so viel Emotion geradezu eine Einladung. In logischer Folge heißen die großen Stadien heute in München Allianz Arena, in Dortmund Signal Iduna Park, in Stuttgart Mercedes-Benz Arena und in Los Angeles Home Depot Center.

Klingt nicht gut, ist aber ehrlich. Anders sieht es aus bei Olympischen Spielen. Die sind in der Regel zu großen Teilen von der öffentlichen Hand finanziert. Den Bürgern wird erzählt, es gehe um nationale Ehre und Marketing für ihre Stadt. Der Rhetorik zufolge sollen vor allem die Bürger von dem Trubel profitieren. Denen bleibt jedoch oft nichts weiter als "Foul!" zu schreien angesichts geplünderter Kassen. Von Olympischen Spielen profitieren das mächtig arrogante IOC und die werbetreibende Wirtschaft, aber sicher nicht die Einwohner der Städte, in denen sie stattfinden.

Kurzer Blick zurück: Sydneys Olympic Park war geplant als Ikone für nachhaltige Bauprojekte. Nun wollen die Australier das Gelände zu einer Autorennstrecke umbauen. Das Gelände, das acht Jahre nach der Olympiade vor allem in den sportlichen Disziplinen "Hunde ausführen", "mit den Jungs Fußball spielen" und "mit der Freundin dem Gras beim Wachsen zuhören" genutzt wird, würde mit dem "Supercar Racing" wieder etwas Leben eingehaucht.

In Athens olympischen Immobilien singen Jennifer Lopez oder Madonna, ansonsten stehen viele der Sportstätten, die die Griechen für zwei Wochen im August 2004 erbauten, weitgehend leer. Soll das die zehn Milliarden Euro wert gewesen sein, die die bis dahin teuersten Spiele den griechischen Steuerzahler gekostet haben?

Was haben die Athener davon? Seinerzeit hat man ihnen erklärt, die Stadt bräuchte die Spiele zum Aufpolieren ihres Images, Touristenströme würden angekurbelt, auch dauerhaft. Tatsächlich geblieben sind ihnen ein paar Kilometer längst überfälliger U-Bahn und endlich ein funktionsfähiger Flughafen. Sydney hingegen hat immer noch keinen nennenswerten Nahverkehr, und die Touristen kamen auch schon gerne in Australiens Metropole, bevor das Olympische Komitee einfiel.

In Peking hat die Bewohner keiner gefragt, schließlich durften sie bei der großen Sause nicht einmal mitfeiern - aber ahnen die olympisch begeisterten Londoner, worauf sie sich einlassen, und die Bürger Berlins, wofür sie sich bewerben? Es ist an der Zeit, mit den diversen Mythen aufzuräumen. Olympische Spiele dienen weder dem Sport, noch nutzen sie dem Steuerzahler. Der Leibesertüchtigung huldigen bestenfalls noch kleine Clubs auf dem Lande, wo ehrenhalber arbeitende Leute Kindern das Schwimmen oder Fußballspielen beibringen. Alles andere in Sachen Sport ist meist entweder Politik oder Geschäft.

Folglich kann die aufgeklärte Welt auf die ganze Erbauungs-Rhetorik rund um den Nutzen sportlicher Großveranstaltungen für den Bürger gut verzichten. Stadien zu bauen ist kein Problem, nur sollte das nicht mit Steuergeldern geschehen. Plakatwände sind ja auch keine öffentlichen Bauprojekte.

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