Noch immer viel mehr Fiction als Science

Von Peter Littmann

Hurra! Deutschland hat die Fußball-Weltmeisterschaft gewonnen! Nein, nicht die mit richtigen Menschen, die mit Robotern! Kleines Wunder, denn diese Spieler haben ja auch bis zu vier Beine, mit denen sie gegen einen Ball treten können! Beim Wettkampf im chinesischen Suzhou setzte sich im Endspiel die Kickertruppe durch, die gemeinsam von den Universitäten in Darmstadt, Berlin und Bremen aufgestellt wurde. Das sind die guten Neuigkeiten. Die schlechten lauten, dass die Dinger immer noch in einem frühen Entwicklungsstadium und daher bei Stürzen sehr empfindlich sind. Es soll bis 2050 dauern, bis die Dinger eine menschenähnliche Blutgrätsche aushalten können.


Na super! Dabei erzählen uns eifrige Marketingkollegen schon seit Dekaden, dass demnächst das Zeitalter der Roboter ausbricht. Doch alles, was wir außer lahmenden Kickmaschinen bis jetzt zu sehen kriegten, war Sonys Aibo, der einen Hund nachmacht, und iRobots Produkt Roomba, der Staub saugt. Der eine muss niedlich sein und der andere soll nicht gegen Wände knallen. Mit dem "niedlich sein" hapert es bei vielen Humanoiden auch, bei anderen Disziplinen jedoch liegt der Mensch noch deutlich vorn. Roboter können bislang nicht mal Kaffee servieren. Der bisher angeblich am weitesten entwickelte Haushaltsroboter Asimo aus dem Hause Honda braucht noch Jahre bis zur Serienreife. Selbst wenn das die Kerzenzieher auch mal gedacht haben, kurz bevor die Gaslampe marktfähig wurde: Es scheint, die Dinger werden uns Kleinhirnbesitzern in absehbarer Zeit nicht gefährlich.

In Sachen Roboter kann man die Menschheit in vier Gruppen einteilen: Der kleinste Teil arbeitet besessen daran, den Menschen überflüssig zu machen. Ein weiterer, ähnlich kleiner Teil sieht in den künstlichen Wesen Teufelswerk, und ein dritter Teil lebt davon, die wackeligen Maschinen zu einem Hype hochzujazzen, der verheißungsvoll klingt, aber nie eintrifft. Diese Marketingexperten sind die erfolgreichste der Gruppen, denn ihnen gelang es, die vierte und größte Gruppe zu überzeugen: die schweigende Mehrheit.

Sie hat inzwischen ein geradezu zärtliches Verhältnis zu den künstlichen Helfern, sollen die doch künftig machen, was wir ungern oder schlecht tun. Radioaktiven Müll wegräumen oder Hochhäuser erklimmen und Fassaden reinigen. Offenbar haben Menschen auch keine Lust zu verkaufen, denn Roboter Toomas von der Firma Metralabs soll künftig im Baumarkt arbeiten. Kunden fragen, was sie suchen und sie dann zuverlässig zum Regal eskortieren. Großstadtbewohner wissen, dass unter Umständen auch japanische Entwicklungen wie das Intelligent Parking Assist System brauchbar wären, die helfen sollen, ihren Wagen ohne Katastrophen in eine leere Parklücke zu bugsieren.

Das Roboreptile der chinesischen Firma Wow Wee Robotics kann jedoch nicht mal das. Es sieht aus wie ein Tyrannosaurus Rex, kreischt vor sich hin und hat von Hause aus verschiedene Stimmungen. Ist es hungrig, sucht es nach der Hand, die seine Fernbedienung hält, und schnappt zu. In wachsamer Laune reagiert Roboreptile auf Bewegungen im Raum. Dieser Stupidosaurus hat nur einen Zweck: Man schenkt ihn Kindern von Leuten, die man nicht ausstehen kann.

Dennoch prognostizierten britische Marktforscher vor vier Jahren schon für 2010 mehr als 55 Millionen verkaufte Haushaltsroboter und damit einen Markt um die 60 Milliarden Dollar. Da war wohl der Wunsch nach einem neuen Markt der Vater des Gedankens. Gleichzeitig hören wir immer wieder, dass sich vor allem Roboter um das Drittel der Menschheit kümmern wird, das 2050 über 65 Jahre alt sein wird. Derzeit sieht es - zum Glück - nicht danach aus. Weder Freunde wie C-3PO oder R2-D2 aus "Star Wars" noch Feinde wie aus Will Smiths Film "I Robot" sind in Sicht.

Auch wenn wir so endlich mal eine Fußballmeisterschaft gewinnen: Auf absehbare Zeit bleiben Roboter mehr Fiction denn Science.

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