Reinkarnation der toten Marken

Von Peter Littmann

Geschichte wiederholt sich nicht, heißt es, aber Geschichten tun das schon. Besonders gerne die, die sich Markenmacher ausdenken. Der Befund lautet derzeit: Möbel wie in den 50ern, Sonnenbrillen wie in den 60ern und Make-up wie in den 70ern. Fila-Treter und Lacoste-Hemden sind auch wieder da, Jägermeister gibt's in jedem Club, und nach dem Fiat Cinquecento lehnen wir uns bei einem Punika-Saft und einer Bifi Minisalami entspannt zurück und finden: Alles klar, nichts wie rein in den Retro-Trend! Mal eben eine angestaubte Marke aus dem Schrank gezogen, kurz drübergebürstet, Kreativagentur mit Wiederbelebungskampagne beauftragt, und dann läuft das schon.


Wenn nur irgendetwas je so einfach wäre wie das Märchen vom Schneewittchen. Die meisten einmal verstorbenen Marken bleiben leblos, auch wenn der Prinz sie noch so oft küsst.Auf den Hochglanzseiten der Marketingmagazine jedenfalls stehen nur die Erfolgsgeschichten. 4711, Toska und Irish Moos finden sich da nicht.

Dass sich Procter & Gamble von den Stinkern getrennt hat, ist nachvollziehbar, aber inzwischen haben die untreuen Tomaten sogar Tempo verkauft. Da fangen wir sofort an, in ein solches zu weinen: Nur weil die No-Name-Konkurrenz einen Marktanteil von über 60 Prozent ergattert hat. Ähnlich tragisch ist das Schicksal von Iglo Fischstäbchen: Die sind von Unilever an Finanzinvestoren gegangen, weil sie keine 15-prozentige Rendite schafften.

Auch die unendliche Geschichte von Atari laboriert schwer an einem Happy End. In den 70ern hat Atari mit Pong das Videospiel quasi erfunden, um dann die am schnellsten wachsende Unternehmung der US-Wirtschaftsgeschichte zu werden. Anfang der 80er gab's dann einen Zack!, Boing!, Crash! nach dem anderen, wie sich das für ein ordentliches Game gehört. Preiskrieg, Insiderhandel, Gerichtsverfahren. Infogames startete vor fünf Jahren noch mal einen Versuch, das hässliche Entchen zum Schwan zu machen - bislang ohne Erfolg.

In der Renaissance all der schicken Retro-Autos versuchte auch Ford sein Glück mit dem legenderen Thunderbird aus den 50ern. Der jüngste Donnervogel war zwar fast so teuer wie ein Sportwagen, aber so schwer und wendig wie ein Truck. 2002 schaffte er den Auftritt in dem James-Bond-Schinken "Stirb an einem anderen Tag": Doch die Botschaft nahm Ford offenbar wörtlich, der Wagen geriet im Absatz zum Desaster und segnete drei Jahre später endgültig das Zeitliche.

Bei der Wiederbelebung alter oder bereits abgeschaffter Marken lautet das Problem des Marketings: Wie kann man sich auf Tradition stützen ohne gleichzeitig uralt auszusehen? Bestenfalls gelingt die Positionierung als moderner Klassiker, nicht aber die als verstaubte Kuriosität. Der Auftritt muss an einen ordentlichen Cognac erinnern: Alt an sich reicht nicht, das Produkt muss auch die Geschmacksnerven an der richtigen Stelle kitzeln.

Nicht alle Marken sind zeitlich dehnbar. Viele verfügen nicht über die Flexibilität, auch in einem sich entwickelnden Markt relevant zu bleiben. Deswegen kann oft außer dem Namen auch fast nichts bleiben, wenn es darum geht, eine sterbende Marke zu reanimieren.

Merke: Nicht jedes "Es war einmal" gebiert automatisch eine neue Story, doch in so manchem Aschenbrödel steckt in der Tat das Königskind.

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