Einen Kuss für die Braut und ein Hoch auf den Sponsor!

Von Peter Littmann

Wir kennen das aus alten Schmachtschinken. Tiefer Blick ins treue Auge, er fällt auf die Knie und fragt mit Timbre in der Stimme: "Willst du meine Frau werden?" Sie errötet und haucht ein "Ja". Er zieht sie an seine Brust, leidenschaftlicher Kuss - und Cut! Film zu Ende. Hach, ist das schön! Heiraten ist eine der besten Beschäftigungen der Welt!


Das hat natürlich rein gar nichts mit Romantik zu tun. Es gilt, die Ehe nicht mit triefäugig-sentimentalen Augen zu betrachten, sondern mit solchen, die das Studium von Bilanzen gewöhnt sind. Denn Leute, die ihr Ehegespons willig und dauerhaft ertragen, profitieren. Eine gemeinsame Wohnung ist schließlich billiger, und überdies verhindert der Trauschein Einkommensausfälle durch Krankheit, denn die Forschung behauptet unverdrossen: Eheprofis rauchen weniger als Singles und nehmen auch noch weniger Drogen - was übrigens an sich schon Geld spart!

Amerikanische Wissenschaftler wollen gar festgestellt haben, dass bis zum Lebensende verheiratete Paare rund doppelt so viel Vermögen anhäufen wie notorische Singles. Das liege nicht etwa am Steuersatz und kostengünstigeren gemeinsamen Haushalt, sondern vielmehr daran, dass verheiratete Leute nicht so häufig den Job wechseln, weniger saufen und mehr arbeiten. Letzteres betrifft vermutlich vor allem die Männer, die vor dem Staubsauger und Kindergeschrei zu Hause nur zu gerne ins Büro fliehen. Jedenfalls bringen einer anderen Studie zufolge Ehemänner bis zu 40 Prozent mehr Monatseinkommen nach Hause als Einzelgänger mit vergleichbarer Ausbildung.

Diese Investition hat natürlich ihren Preis, günstig am Heiraten ist eigentlich nur das Standesamt.

Die deutsche Hochzeitsindustrie hat im vergangenen Jahr mit den rund 750 000 Ja-Sagern 1,8 Milliarden Euro umgesetzt, Hochzeitsreisen und Geschenke noch nicht eingerechnet. Eine Hochzeit in Amerika schlägt mit durchschnittlich 22 000 Dollar pro Paar zu Buche, eine in Großbritannien liegt bei 17 000 Pfund. Schlaue Unternehmen in USA fangen daher an, die Braut zu sponsern. 2005 fand die erste Dunkin' Donuts-Hochzeit statt, auf dem Parkplatz des Unternehmens in West Milford, New Jersey. Das Paar hatte die Party beim "Holey matrimony"-Wettbewerb gewonnen und eine Hochzeitsreise auf die Bahamas gleich mit dazu. Einen Toast auf den Sponsor, denn das Paar hätte sonst nach eigenen Angaben drei Jahre lang auf den großen Tag sparen müssen.

Bei den Angelsachsen wird es wegen der steigenden Kosten des Altargangs gerade zunehmend populär, sich Blumenschmuck, Kleider, Sekt, Hochzeitsfoto und sogar die Trauringe von willigen Geschäftsleuten sponsern zu lassen. Im Gegenzug muss das junge Glück dann vor versammelter Hochzeitsgesellschaft Werbung machen: Trinksprüche auf die Sponsoren ausbringen, deren Logos mit auf Einladungs- und Danksagungskarten drucken, Visitenkarten der Werbetreibenden auslegen. Sogar Hochzeitstorten sind denkbar, mit Zuckerguss-Aufschrift: "Mit freundlicher Unterstützung der Bäckerei Meier".

Unglaublich? Leah Ingram, Autorin von "Buying & Selling Your Way to a Fabulous Wedding with Ebay", schreibt: "Viele schlaue Bräute, die etwas von Marketing verstehen, erarbeiten eine Verkaufspräsentation, mit der sie zu Geschäftsleuten gehen, um sie zu überzeugen, dass die 200 Gäste ihrer zukünftigen Hochzeit ein aufmerksames Publikum für ihre Werbebotschaft sein werden." Wer keinen Sponsor für den Frack findet, kann immer noch für kleines Geld bei Ebay ein gebrauchtes Hochzeitskleid ersteigern und dort anschließend die unerwünschten Geschenke verkaufen. Früher musste man die teure Kristallvase von Tante Hanni noch verlustreich fallenlassen ...

Heute ist alles vermarktbar, warum dann nicht auch der Schwur ewiger Liebe? Wir wissen schließlich: Werbebotschaften wirken besser, wenn sie Emotionen auslösen, und das tun Hochzeiten in der Regel. Ein kleines Risiko ist allerdings dabei, denn jedes Jahr lassen sich auch rund 200 000 Paare wieder scheiden und die Durchschnittsdauer des institutionalisierten Glücks sinkt: Krachte es früher mal erst nach sieben Jahren, droht heute schon im vierten der Gang zum Anwalt.

Da öffnet sich übrigens die nächste Marketingplattform: Das Einzige, was bei den Zuschauern noch mehr Gefühle auslöst, als heulende Brautmütter, ist ein um Sorgerecht und Vermögen keifendes Ex-Paar. Und den Anwalt sponsert der Immobilienmakler, der das Haus verkaufen darf. Na dann: Glück auf!

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