Automobil light: Preis statt Prestige?

Von Peter Littmann

Das Auto ist heute "das genaue Äquivalent der großen gothischen Kathedralen". So drückte es zumindest der französische Philosoph Roland Barthes aus. Wer wissen will, was das lebenspraktisch bedeutet, muss sich bloß in Deutschland umgucken.


Angesagt ist jedoch nicht der Besuch der Mercedes-Benz-, Porsche-, BMW- oder Bosch-Fabriken, sondern eine Stippvisite der Stadtzentren. Straßen, Tunnelzufahrten, Tankstellen, wohin das Auge fällt. Große Parkplätze neben historischen Schlossanlagen in Stuttgart, eine mehrspurige Straße zwischen Englischem und Hof-Garten in München. Ganz Köln eine einzige Nord-Süd-Fahrt. Was gehen uns Kulturdenkmäler an, wenn wir komfortabel im Citystau stehen wollen!?

Traditionell ist Deutschland voller Leute, die lieber am Essen sparen, als auf das Prestige ihrer übermotorisierten Karre zu verzichten. Die Hersteller wissen das, und so werden Autos seit Jahren schneller und schwerer. Sogar Volkswagen - der Konzern, der Bodenständigkeit im Namen trägt - kam auf die Idee, den Passat aufzumotzen und einen dicken Tuareg anzubieten.

Alles drängelte nach oben, und eine Zeit lang ergab die Streckbank betriebswirtschaftlich auch Sinn. Zwischen 1994 und 2004 wuchs das Premiumsegment um 80 Prozent auf 5,3 Mill. Wagen im Jahr, während der Massenmarkt nur um ein Viertel zulegte. Die ganze Autoindustrie lernte: Dicke Motoren bedeuten dicke Margen.

Andere Branchen erlebten derweil "small is beautiful". Ob Airlines, Telekommunikation oder Hotellerie, ob Elektro- oder Elektronik, Uhren, Textilien oder Schuhe - die Preise sinken, oft bei steigender Qualität. Mehr Wert für weniger Geld ist die angesagte Devise. Marken wie Swatch, Habitat oder Zara machten es vor: Das Ansehen eines Produktes ist nicht mehr unbedingt eine Funktion seines Preises. Image entsteht heute durch gelungene Inszenierung und saubere Abgrenzung von anderen Angeboten.

In der Autoindustrie blieb das offenbar weitgehend unbemerkt. Es sieht so aus, als habe die Prognose der Roland-Berger-Berater, dass im Jahr 2012 jährlich 18 Mill. Autos für unter 10 000 Euro verkauft werden, die Branche so unvorbereitet getroffen wie ein in die Windschutzscheibe schlagender Kiesel. Dasselbe gilt für Publikumsbefragungen auf Autoausstellungen. Da sagt fast jeder dritte Besucher, er sei vor allem neugierig auf die neue Generation der Geld- und Spritsparer.

Ob die von vier Rädern besessene deutsche Bevölkerung wirklich reif ist für das Thema Auto light, sei dahingestellt; die schnell prosperierenden Gesellschaften in Indien, China und Russland sind es allemal.

Da stehen Marken wie Chery, Tata oder Darcia für respektable kleine Töff-töffs, die teils deutlich unter 10 000 Euro kosten. Die dahinter stehenden Gesellschaften wollen mit den Sparmobilen auch den Rest der Welt beglücken. Die chinesische Geely Holding will bis 2010 zwei Drittel der Produktion ins Ausland verkaufen. Das wären dann 1,5 Mill. kleine Flitzer.

Etablierte Autobauer im Westen fragen sich, ob und wie sie auf die neue Konkurrenz reagieren sollen. Was bedeutet es, plötzlich auf Billigautos zu setzen? Passt das zu den vorhandenen Marken, oder müssen neue her, weil die Bewegung nach unten sonst das mühsam aufgebaute Potenzial oben zerstört?

Ford will ein kleines Nachfolgemodell des Ka für 8 000 Euro in Polen vermarkten, doch die meisten Hersteller vermeiden die Markenspreizung. Die Wege dahin sind unterschiedlich. GM widmet mit Chevrolet eines von sieben hauseigenen Logos zum Billiglabel um. Fiat reinkarniert den Cinquecento und arbeitet mit Kooperationen, eine mit Tata Motors zielt auf Indien. Renault-Nissan hat sich mit Darcia eine ehemals rumänische Marke zugelegt und vertreibt den Logan jetzt in 42 Ländern. Toyota setzt auf Dreifaltigkeit: Lexus ist Premium, Toyota bedient die Mitte, und Daihatsu soll sich mit den Billigangeboten herumschlagen.

Die einzig ambitionierte deutsche Line Extension nach unten bislang war der Smart. Der geriet jedoch am Ende zu teuer als Einsteiger- oder Dritte-Welt-Modell. Nur Volkswagen überzeugt mit dem Fox, Daimler-Chrysler laboriert mit Dodge als Low-Cost-Modell für den internationalen Markt, BMW hält sich weitgehend raus und baut stattdessen den rasant teuren Mini.

Das Ergebnis dieser Enthaltsamkeit könnte schmerzen. Die erste Welle der automobilen Explosion fraß einen Großteil des Flairs unserer Städte. Hoffen wir, dass die neue, aus dem Osten kommende Welle vierräderiger Freiheit nicht noch mehr verschlingt.

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