Kunden in freier Wildbahn

Von Peter Littmann

Schon mal eine Salatschleuder gekauft? Es gibt sehr ordentliche mit einem Metallkörper, darauf ein Deckel mit einer simplen Kordelkonstruktion, die innen einen Korb rotieren lässt, bis das Wasser aus dem Grünzeug raus ist. Kostet rund 80 Euro, sieht gut aus, hält zehn Jahre, ist aber schwer zu kriegen. Die Regale sind nämlich voll von Plastikgeräten für sechs Euro, die erstens scheußlich aussehen und zweitens spätestens nach einem Jahr kaputt sind. Auf die Frage an eine Kaufhaus-Verkäuferin, warum sie das teurere (sprich: umsatzträchtigere) Produkt nicht anbiete, sagt die: "Da haben wir doch gar kein Interesse dran. Die Leute sollen was Günstiges kaufen und immer wiederkommen, weil sie schnell was Neues brauchen."

Wer spinnt hier eigentlich? Diese Verkäuferin? Die vielen Einzelhändler, die meinen, die Leute wollten nur noch billig, billig, billig? Oder die Verbraucher, denen die Preisgestaltung derzeit zu undurchsichtig ist und die deswegen trotz Rabattorgien weitgehenden Konsumverzicht leisten?

Der Kölner Konsumforscher Daniel Salber meint, viele Konsumenten wären inzwischen "knurrig, verstört und extrem misstrauisch". Das liege zunächst einmal am Euro, die neuen Preise hätten viele verunsichert, die ihre Anschaffungen erst mal verschoben haben und nun merken, dass sie gut auch ohne all den Krempel leben können. Und überdies seien die Rabattschlachten schuld: Nach dem zehnten Sonderangebot weiß keiner mehr, was die Dinge wirklich wert sind. Aus Angst, zu viel zu bezahlen, wird gar nichts mehr gekauft.

Verwirrung allerorten – und die sorgt für Jobs. Immer mehr Unternehmen und Werbeagenturen beschäftigen heute Anthropologen und Ethnologen. Die Verhaltensforscher sollen das neuerdings unbekannte und unberechenbare Wesen Verbraucher im Feld beobachten. Sie sollen aufdecken, so der Auftrag, was die Leute wann warum kaufen und was sie in freier Wildbahn damit anfangen.

Folglich kommen jetzt öfter junge Damen in eine Bar und ordern "ein Wasser – und bitte unverstellte Sicht auf die Männer da am Tresen!" Diese Frauen sind Profis, aber anzügliches Grinsen ist überflüssig. Sie werden von Young & Rubicam, J. Walter Thompson oder Saatchi & Saatchi dafür bezahlt, Konsumenten durch den Großstadtdschungel zu folgen. Im konkreten Fall sollten die Expertinnen von Ogilvy & Mather herausfinden, wann und an welchen Wasserstellen junge Männer Miller Lightbier trinken. Auf ähnlichem Weg ließ die Pharmafirma Bristol- Myers Squibb das Habitat von Asthmapatienten erforschen, American Express den Lebensraum von Mittelständlern und Windelhersteller Kimberly- Clark die Hegepraktiken von Müttern.

Das Ganze hat was von Reality-TV à la Big Brother. Handverlesene Verbraucher erlauben einer Agentur, ihnen mit einem Kamerateam zu Leibe zu rücken. Ihr Leben wird Hakle-klein dokumentiert, die Forscher fahnden nach der emotionalen Haltung des Studienobjekts zum Produkt, interpretieren den Platz, den es in seinem Zuhause einnimmt. "Für manche Leute hat das was von einer Beichte", sagt eine Expertin von Ogilvy Discovery.

Für arbeitslose Verhaltensforscher mögen solche Konfessionen ja interessant sein. Aber was haben die Unternehmen davon? Ein Marketingleiter muss dafür schließlich eine teure, vier bis sechs Wochen dauernde Studie kaufen. Für das Geld könnte er auch quantitativ viel breitere Marktforschung haben. Nur, die Herausforderung einer präzisen Positionierung verlangt zunehmend komplexe Antworten auf einfache Fragen.

Eine davon scheint merkwürdigerweise zu sein, dass es vielen ethnologisch beobachteten Konsumenten nur am Rande um die absolute Höhe der Preise geht. Viele Verbraucher sagen den Forschern inzwischen: "Ständig erzählt mir einer, da gibt es das und das billiger. Das ist mir zu doof." Oder: "Ich kauf mir was, und abends erzählt mir meine Freundin, dass sie das Gleiche irgendwo 20 Prozent billiger gesehen hat. Da vergeht einem doch der Spaß."

Wenn die fürs Marketing bezahlten Funktionäre für solche Erkenntnisse Verhaltensforscher brauchen, dann sollen sie sie mit gut dotierten Aufträgen zuwerfen. Aber vielleicht würde es auch schon reichen, wenn sie selber mal in die Einkaufszone gehen würden. Um eine Salatschleuder zu kaufen, beispielsweise.

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